von Hansfried Münchberg

 

Vor einhundert Jahren, nach Ende des Ersten Weltkrieges wurde von den Gronauern ein Mahnmal für die Gefallenen und Vermissten des Krieges auf den Kirchhof aufgestellt. (Ein genaues Datum konnte ich bisher nicht ermitteln).

Der im Jahr 1928 mit der Gestaltung des Mahnmals beauftragte Bildhauer war niemand Geringeres als der 1876 in Hanau geborene August Bischoff. Dieser hat in Hanau (Zeichenakademie) und Frankfurt (Städelsche Kunstschule) studiert und hatte seine Bildhauer-Ateliers ebendort.

Nach dessen Entwurf wurde das Ehrenmal von der Gemeinde Gronau in Auftrag gegeben. Er formte es in Muschelkalkkunststein.
Die Gemeinde zahlte ihm dafür 2000 Reichsmark, nach heutigem Maßstab wären das etwa 8700 Euro.
Für die kleine Kommune eine stolze Summe, die teilweise in einer Sammlung aufgebracht wurde.
Wenige Jahre vorher hatte die Gemeinde ihr gesamtes Vermögen in Kriegsanleihen angelegt. Dies ging mit dem Kriegsende komplett verloren.

Bischoff schuf hier ein Ehrenmal, welches ganz anders war, als die zu dieser Zeit üblichen Heldendenkmäler.
Er verzichtet in seiner Darstellung, die stilistisch an die „Neue Sachlichkeit“ erinnert, wohl ganz bewusst auf Glorifizierung der heroischen Heldentodes.  Dargestellt ist hier das ganze Elend mit dem ein Krieg sowohl Soldaten als auch deren Familien überzieht.
Ein in die Knie gebrochener Krieger, das Haupt im Schmerz der Niederlage gesenkt, das gezogene Schwert liegt kraftlos in der Hand.  Der gefallene „Held“ stützt sich auf einen runden Schild, auf dem ein trauernder Frauenkopf die ganze Bitterkeit der Niederlage ausdrückt.
Das gewählte Material, eine Steinmasse ohne eingelagerte Maserung, mit ganz gleichmäßiger Textur, versinnbildlicht noch verstärkt die Orientierungslosigkeit. Gleichzeitig bietet das Material genügend Spielraum für ein Licht-Schatten-Wechselspiel auf glatten, schlichten Flächen, welches die Dramatik des Dargestellten ausdrucksstark unterstreicht. Poren und winzige Reflexflächen des Muschelkalks lassen dem einfallenden Licht reichlich Gestaltungsspielraum.

Ebenso sachlich ist der Sockel aus dem gleichen Material gestaltet. Schlichte, glatte Flächen, bewusst verzichtet der Bildhauer auf Ornamentik jeglicher Art. Einzig die eingemeißelte Schrift ist Ornament und Ausdruck / Information über der Unfassbare, den Tod der Gronauer Männer im Kriege.
Das Spiel von Schatten und Licht alleine macht die Lettern eindrucksvoll sichtbar.

Ohne Zweifel ist hier auf dem Gronauer Kirchhof dem Bildhauer ein großartig eindrucksvolles Werk gelungen.

 

Hier abgebildet die Abschrift des Vertrages zwischen August Bischoff und der Gemeinde Gronau:
(Quelle Stadtarchiv Bad Vilbel)

 



 Bischoff schuf, außer dem Gronauer Denkmal,  etliche Werke die heute in Frankfurt, Hanau und anderen hessischen Ortschaften als Brunnen oder Denkmale zu sehen sind. So zum Beispiel die Kolossal-Figuren auf dem Hanauer Hafentor  „Denkmal der Arbeit“, auch „Käs-Roller“ genannt, wegen der Zahnräder, auf die sich der Arbeiter stützt oder den benachbarten Arbeiter der Stirn, einem Menschen der den Kopf in die Hand gestützt, sichtlich angestrengt nachdenkt.
Außerdem fertigte er zahlreiche Design-Entwürfe für die Hanauer Gold- und Silberindustrie.

Leider wurde das Denkmal im letzten Jahr, von vermutlich gutmeinenden Gronauern, mit einem Eimer weißer Farbe überzogen und damit dem Wechselspiel von unterschiedlichem Stein sowie dem Reiz der Witterunsspuren beraubt.

 

Eine Spenderliste für das Gronauer Denkmal (Quelle Stadtarchiv Bad Vilbel)
Text der dem Bildhauer zum Einmeißeln in den Sockel des Mahnmals übergeben wurde
(Quelle Stadtarchiv Bad Vilbel)

Beonders tragisch war der Tod von Karl Moor Vizewachtmeister beim 56.  Res. Feldart. Regiment. In seiner Batteriestellung in Rumänien hatte er sich abends im Zelt zur Ruhe niedergelegt; da traf ihn ein verirrtes feindliches Infanteriegeschoss direkt ins Herz, So dass er ohne zu erwachen vom Leben zum Tode kam.

Er wollte eine Streit schlichten und kam dabei zu Tode

(Ein Eintrag in die Gemeindechronik von 1914) Leider bekam am 1. Weihnachtstag die Familie des  Friedrich Wilhelm Laupus aus der Kirchgasse die Trauer-Nachricht von Tode des Vaters und Bruders Karl Laupus, der bis zum Kriegsausbruch als Lehrer in Großkarben gewirkt hat, und der als Unteroffizier in der 5. Batterie des 9.  Res. Fußartillerie-Regiments in Frankreich nördlich von Reims stand. Er ist durch einen sehr traurigen Unglücksfall am 11.XII. ums Leben gekommen. Leutnant Adolf Karl, Sohn des Pfarrers in Wachenbuchen, der in der selben Batterie steht, berichtet darüber folgendes: Die Mannschaften hatten Bier, und wie das eben so geht, haben sich einige betrunken. Es kam zu Keilereien zwischen ihnen, der eine der Leute, der in der selben Hütte wie Unteroffizier Laupus wohnt, wollte herein, der …. saß ganz friedlich am Tisch mit einigen anderen Leuten. Als er den .wüsten Krach vor seiner Hütte hörte, wollte er wahrscheinlich herausgehen, um Ruhe zu stiften. In demselben Augenblick fiel ein Schuß, und Laupus stürzte tot zu Boden. Der Kerl, der in die Hütte gelaufen war, hatte dort seinen Karabiner ergriffen, um sich wahrscheinlich gegen die Leute zu wehren., mit denen er vorher Krach hatte. Der arme Laupus Ist das Opfer geworden. Es ist wirklich ein Jammer, diesen  prächtigen…..

Lange als vermisst galt der Obermaschinenmaat Aug. Schaub, Heizer auf einem Unterseeboot Im Jahr 1915 noch als Held gefeiert, war ihm das Eiserne Kreuz verliehen worden. Er hat die Lusitania versenken helfen und hat den siegreichen Kampf seines Unterseebootes ( U69) unter Kapitänleutnant Bräutigam aus Frankfurt mit den unter dänischer Flagge fahrenden englischen Handelsdampfer Lancaster II, der versenkt wurde, mitgemacht. Sein U-Boot war untergegangen.


Gefallenen-Ehrung in dunkler Zeit, vermutlich 1939 (Quelle: Stadtarchiv Bad Vilbel)

 

Die Bilder sind von Christa Heinrich und Hansfried Münchberg
(bitte copyright beachten)