von Hansfried Münchberg

Es gibt ein altes Sprichwort, das da lautet:

„Es braucht ein ganzes Dorf, um ein kleines Kind großzuziehen.“

Ich habe von heute aus gesehen, das Gefühl, wir hatten genau dieses Glück,
ein ganzes Dorf für uns zu haben. Das Gronau der 50er Jahre, von dem wir
hier erzählen, war von der Bebauung her vielleicht nur ein Drittel der heutigen
Fläche und hatte an die 600 Einwohner.

Wir haben uns unser Gronau nach und nach erobert, unseren Radius immer
mehr erweitert, uns immer weiter vorgetastet, irgendwie waren wir überall zu Hause.
Klar, es gab viele Bauern mit einem gräßlich kläffenden Hofhund, da haben wir
uns nicht so leicht hingetraut, auch vor Puten und Gänsen hatten wir Respekt,
da war Abstand halten angesagt.

Auch von einigen lokalen Größen hielten wir uns lieber fern.
Unbedingte Respektsperson war an erster Stelle der Bürgermeister, wenn wir
ausnahmsweise mal nicht so ganz brav waren wurde gedroht:
„Ihr müsst auf`s Rathaus“, ganz ehrlich, wir waren ein paar mal dort, aber nur zum
Impfen, da saß dann ein Weißbekittelter, der uns einen Stich in den Arm verpasst hat.

Drei kleine Kinder
Kleine Gronauer, entschlossen die Welt zu erobern

Ansonsten wußten wir aber auch, daß gelegentlich mal der Gendarm auf dem Rathaus vorbeischaute, auch der eine Respektsperson. Eher begrenzten Respekt hatten wir vor dem Feldschütz, den hatten wir beim Ebbelklaue schon einige Male ausgetrickst.

Wir hatten als Kinder in Gronau eigentlich das Gefühl unbegrenzter Freiheit, trotzdem hat wohl, ohne daß wir das bemerkt hätten, das halbe Dorf auf uns aufgepasst. Außer ein paar Löchern im Kopf und aufgeschlagenen Knien und Ellenbogen, das wurde alles mit essigsaurer Tonerde repariert, ist uns nie etwas passiert.

Sehr wichtig für unser Leben in Gronau war es nebenan, beim gleichaltrigen Robert Wenzel (dem späteren Metzgermeister). Da war es sehr interessant, ein Bauernhof mit Pferden, Schweinen, Hühnern, vor allem aber einem Lanz Bulldog.
Ein Lanz war für uns das Größte. Der wurde bedient von Roberts Vater, auch er Respektsperson, weil Vizebürgermeister des Dorfes. Es war Schwerarbeit, den Bulldog mit dem Schwungrad in Gang zu bringen, einen Anlasser gab es nicht. Roberts Vater konnte herrlich fluchen, und er fluchte zu unserer Freude jedesmal, wenn sein Lanz wie fast immer, nicht gleich ansprang.

Backsteingebäude
„Roberts“ Hof

Roberts Mutter hat uns mit durchgefüttert. In den Nachkriegsjahren gab es ja wirklich nicht soviel zu Essen, aber sie nahm uns oft beiseite, griff sich den großen Laib Brot, drückte ihn an die breite Brust, säbelte mit dem Brotmesser einen ordentlichen Kanten herunter, schmierte dick Schmalz oder Quark drauf, manchmal gab es auch ein Stück Blutwurst dazu, so half sie, unseren großen Hunger zu besiegen.

All den Gronauern, die uns mit großgezogen haben, ist unsere Internet – Seite, sind unsere Geschichten gewidmet.
Ein Denkmal als Dank, nicht aus Stein, sondern im wahrsten Sinne des Wortes, „Denk mal“.

Wir denken einfach gerne dran!