Aber, wo sind „Die Grenzen des Wachstums?“

von Hansfried Münchberg

Luftbild von Gronau
Gronau etwa 1955, ein natürlich gewachsenes Dorf. Vorne links der Bahnhof, hinten links der Gronaris-Sprudel, mitte hinten der Gronauer Hof. Gut erkennbar die noch nicht zugebauten Auen (Aa – wie der Gronauer gesagt hat), die Überschwemmungsflächen zur Nidder hin.

Einer Pressemeldung der örtlichen Presse von Ende März 2012 war zu entnehmen, daß Gronau nunmehr eine Einwohnerzahl von 2623 Personen erreicht habe.

Zufrieden und froh gab der Gronauer Ortsvorsteher Karl Peter Schäfer bekannt, daß Gronau auf die Zahl der Einwohner gesehen nicht länger der kleinste Vilbeler Stadtteil sein werde. „Gronau entwickelt sich positiv und wächst“, so Karl Peter Schäfer. Zum Stichtag 1. Januar 2012 lebten in Gronau 2623 Menschen. „Damit haben wir erstmals in der Geschichte unseres Ortsteils die Marke von 2600 Einwohnern überschritten“, freut sich Schäfer. Soweit der Pressebericht.

Graph der die Bevölkerungsentwicklung zeigt
Bevölkerungswachstum Gronau 1600 bis 2012

Sicher, eine größere Einwohnerzahl hebt vielleicht die Bedeutung Gronaus im Vilbeler städtischen Gefüge, hoffentlich sichert sie auch den Bestand einer eigenen Schule und einer angemessenen Nahversorgung. Man muß allerdings auch fragen, ob weiteres Bevölkerungswachstum, ein weiteres Auswuchern der Bebauung in die Landschaft wünschenswert wäre. Wann hat Gronau die Grenzen des Wachstums erreicht?

Von 325 Einwohnern im Jahr 1663 brauchte es fast 300 Jahre, um die Einwohnerzahl zu verdoppeln. Im Jahr 1946 hatte Gronau 765 Einwohner erreicht. 1962, also 17 Jahre später hatte Gronau 820 Einwohner. Heute, 50 Jahre später hat Gronau 2623 Einwohner. Das entspricht einem mehr als dreifachen Zuwachs in den letzten 50 Jahren.

So erfreulich dieser Zuwachs sein mag, fatal daran ist, daß das Gemeindegebiet nicht mitwächst. Schon jetzt sind Flächen bebaut, die unsere Altvorderen aus Gründen der schieren Vernunft niemals bebaut hätten.

Ein großer Teil der seit 1960 dazu gekommennen Bebauung liegt in der Au (gronauerisch Aa) auf Überschwemmungsland von Nidda und Nidder. Die Problematik der eingedeichten Flüsse ist inzwischen deutschlandweit erkannt. Das Bauen in Überschwemmungszonen soll zurückgedrängt werden. Ereignisse wie die große Oderflut oder die verheerenden Überschwemmungen in Sachsen im Sommer 2002, wo murmelnde Bächlein aufgrund eines Starkregens zu wahren Monsterbächen wurden und alles am Bachbett mitrissen, was viele Jahre dort gestanden hatte, lehren uns dieses Umdenken.
Abgesehen davon, wünscht man den Gronauern in diesen Gebieten auch keine feuchten Keller und nassen Füße. Inzwischen sind auch die ehemals sauren Wiesen hinter dem „gewesenen“ Gronaris-Sprudel, heute „Glossop-Ring“ sowie die Feuchtgebiete des ehemaligen Rieds bei der Riedmühle bebaut.

Ein Gebot der schieren Vernunft sollte es sein, die fruchtbaren und damit wertvollen Ackerflächen nicht als Bauland zu nutzen. In anderen Gegenden unserer Republik wird sehr viel kargeres Land mühsam beackert. Im Interesse der Zukunft sollten solche Böden, die noch jahrhundertelang fruchtbar sein werden, bewahrt bleiben!

Im Folgenden versuche ich, die Entwicklung des Dorfes nachzuzeichnen.

Das Dorf wächst langsam heran

Einwohnerentwicklung
Gronau 1600 bis 2012

1632: 28 Haushalte
1663: 325 Einwohner in 45 Häusern
1753: 164 Einwohner in 35 Haushalten
1820: 360 Einwohner
1855: 426 Einwohner
1885: 410 Einwohner
1895: 369 Einwohner
1905: 534 Einwohner
1910: 411 Einwohner
1919: 563 Einwohner
1925: 528 Einwohner
1933: 520 Einwohner
1939: 534 Einwohner
1946: 756 Einwohner
1953: 815 Einwohner
davon 228 Vertriebene
57 aus Hanau Evakuierte
Letztere sind bis auf 10 wieder
nach Hanau zurückgekehrt
1961: 802 Einwohner
1962: 820 Einwohner
1970: 1261 Einwohner
2007: 2440 Einwohner
2011: 2623 Einwohner

2020:  2747 Einwohner

Quelle u.a. : Maria Hoch, Gronau, 1963

Im Jahr 1632, also vor dem Dreißigjährigen Krieg bestand Gronau aus 28 Haushalten.
Das Dorf war in seiner Grundstruktur als wehrhaftes Dorf angelegt. Die Grundform des Dorfes war oval, durchzogen von der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Hauptstraße. Die Nidder bildete einen natürlichen Schutz nach Norden und Nordwesten. Dieser wurde verstärkt durch einen Ring aus Mauern und Scheuern, der mehr als zwei Drittel des Dorfes umfasste. Richtung Westen, also gegen Vilbel gab es keine Mauern, dafür aber eine Landwehr in Form eines Haingrabens. Eine dichte Hecke, vermutlich Haselsträucher und stachelige Gewächse wie Brombeeren usw. bot Schutz gegen unerwünschte Eindringlinge.

Nach Osten bildete der inzwischen zugeschüttete Feldbach eine Begrenzung.
An drei Stellen waren Pforten in der Umfriedung, die Einlass boten. Diese waren jeweils am Ende der Hauptstraße. Die Dorfausgänge lagen Richtung Süden, am „Dalles“, da wo heute der Kreisverkehr ist, nach Norden in Richtung Rendel. Der dritte Durchlass war an der Tränkestraße zur Tränke und Wasserscheppe hin. Die größten Güter des Dorfes waren das Frankfurter Hospitalgut und das Frankfurter Hofgut (siehe untenstehende Abbildung), beide in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kirche gelegen, sowie der außerhalb gelegene Gronauer Hof.


Keimzelle des Ortes Gronau um 1723
(Abbildung mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchiv Bad Vilbel).
Historische Karte
Diese Karte zeigt Gronau im Jahr 1823
Historische Karte
Eine Karte von 1853 zeigt Gronau schon sehr viel detaillierter und auch stärker bebaut.
Historische Karte
Detailausschnitt

Hier ein Ausschnitt aus obiger Karte. Rot markiert der in Jahr 1843 angelegte neue Friedhof an der Vilbeler-/ Dortelweilerstraße, sowie der Bogen des Haingrabens, eine Art „Landwehr“ ebenfalls rot markiert. Beachtenswert der Verlauf der Nidder, die kurz vor dem Gronauer Hof eine große Schleife Richtung Dortelweiler Straße macht. Dieser Bogen war als verlandeter Nidderarm noch bis in die 1950er Jahre erkennbar. Die Hauptstraße endet an der Nidderbrücke, Richtung Rendel führt nur ein Weg.

Historische Karte
Diese Karte aus dem Jahr 1935 zeigt Gronau schon sehr viel stärker bebaut.

Der „Neue Friedhof“ ist bereits um eine Ecke Richtung Süden erweitert. Die Nidderschleife ist bereits teilweise verlandet. Ein Zulauf von Nord-Osten ist nur noch als Graben erkennbar,
Die Hauptstraße ist nun Richtung Rendel zur Straße ausgebaut.Die Bahnlinie existiert, auch der Bahnhof ist eingezeichnet. Der Gronaris-Sprudel ist noch nicht gebohrt.

Quelle der Karten, teilweise Lagis, www.lagis-hessen.de

Ich habe versucht, anhand von Kartenmaterial aus vergangenen Zeiten, auf heutiges Kartenmaterial projiziert, das Wachstum des Dorfes aufzuzeigen. Die Karten erheben allerdings keinen Anspruch auf amtliche Vollständigkeit und amtliche Genauigkeit. Die mir zur Verfügung stehenden Zahlen entnehmen Sie bitte nebenstehendem Kasten.

Bearbeitete Karte
Gronau im Jahre 1780 – Rekonstruktion, ungefähre Projektion auf heutige Karte. Gut erkennbar der Grundriss eines befestigten Dorfkerns. Ein Ring aus Mauern, Scheuern zur Nidder hin und nach Süden, nach Westen schützt der Haingraben, etwa da, wo heute die Gaststätte „Alt Gronau“ steht.

Die von der Hauptstraße abgehenden Gassen innerhalb der Ortschaft waren ursprünglich unregelmäßig geführte Stichwege, die spätestens an der Ortsbefestigung ihr Ende hatten. Das trifft auch auf die Backhausstraße zu, die einer nachträglichen Dorferweiterung zuzuordnen ist. In historischer Zeit war Gronau nur über die Hauptstraße zu verlassen, die nördlich über die Nidder weiter nach Rendel führte, südlich am Ortsausgang auf einen dem Nidder-Tal folgenden Weg stieß. An dieser Stelle fand ein erstes Wachstum über die früheren Dorfgrenzen hinaus statt.

Im Jahr 1642, in den Wirren des dreißigjährigen Krieges wurde Gronau fast vollständig niedergebrannt. Dieses Schicksal ereilte Gronau nur 5 Jahre später erneut. So berichtet ein Chronist: „Am 10. Februar 1647 vor dem Ende des Krieges wurde „das gantze dorff Grunaw undt damit das pfarrhaus abgebrandt“.

Doch Gronau wurde wieder aufgebaut und so gab es bereits 1663 wieder 325 Einwohner in 45 Häusern.

Viermal wurde Gronau von der Pest heimgesucht. In den Jahren 1626, 1632, 1637, 1667 wütet die Pest im Dorf und tötet eine große Zahl der Gronauer. So hat sich die Zahl der Bewohner auf 164 Seelen im Jahr 1753 verringert.

Etwa einhundert Jahre später hat sich die Einwohnerzahl schon wieder fast verdreifacht, Gronau hat 1855 schon 426 Einwohner. Von da geht die Zahl der Gronauer wieder zurück auf 410 im Jahr 1885 und weiter auf 369 im Jahr 1895.

Bearbeitete Karte
Gronau etwa 1892, das Dorf ist über die schützende Begrenzung gewachsen, aber immer noch eng an den Dorfkern angelehnt. Projektion auf heutige Karte, ungefähre Rekonstruktion.

Ab der Jahrhundertwende bis 1945 steigt die Zahl fast gleichmäßig auf 534 an, durch Heimatvertriebene (228) und aus Hanau Evakuierte (57) nimmt Bevölkerung im Jahr 1946 auf 756 fast um die Hälfte zu. Dabei muß auch Gronau im Zweiten Weltkrieg einen Verlust an 32 Gefallenen und Vermissten erleiden.

Bearbeitete Karte
Karte: Gronau, Bebauung (rot) etwa 1960, Rekonstruktion auf heutige Karte projiziert. (Münchberg)

Bis zum Jahr 1960 wuchs die Zahl der Gronauer nur langsam weiter. Die Gemeinde wies ca. 2,1 Hektar Gemeindeland in Erbbaurecht aus, welches an Bauwillige in Erbpacht überlassen wurde.

Etwa 1960 wurden in der Flur 19 (heute Taunusring) 118 Wohnungen durch die „Gemeinnützige Gesellschaft für Wohnheime und Arbeiterwohnungen G.m.b.H., Frankfurt“ erstellt. Es wurde damit gerechnet, daß sich die Einwohnerzahl um etwa 450 steigern würde. Dies geschah dann auch. Die Einwohnerstatistik weist für 1970 1261 Einwohner aus.

Bearbeitete Karte
Gronau – Bebauung etwa 2011, Rekonstruktion, Projektion auf aktuellen Plan (Münchberg)

In den folgenden 35 Jahren hat sich Gronaus Einwohnerzahl noch einmal fast verdoppelt. Durch Ausweisung der Baugebiete „Nidderring“, dichtbebaut bis an die Grenze zu Niederdorfelden, sowie, gerade erst fertig geworden, „Glossop Ring“ in der Nähe der Riedmühle wurde reichlich Wohnraum für neue Einwohner geschaffen.

Derzeit gibt es, wie zu Anfang erwähnt, – 2623 Gronauer – am 01. Januar 2012. Fortgeschrieben durch die: Einwohnerstatistik für Gronau 2013

Die Einwohnerstruktur weist nach einer Liste des Bürgerbüro Gronau für den Stichtag 5. Januar 2013 eine Gesamteinwohnerzahl von 2882 Personen aus, davon 1437 männliche Gonauer, sowie 1445 Gronauerinnen.

Zwar weist die Einwohnerstatistik keine hundert- jährigen Gronauer aus, Frau Margarete Hammel, die im Februar dieses jahres 100 Jahre alt wurde, ein Gronauer Urgestein sollte aber nicht unerwähnt bleiben. Sie hat sich viele Jahre auf dem Gronauer Rathaus und in der Kirchengemeinde mit großem Engagement für Gronau verdient gemacht. Frau Hammel wohnt inzwischen nicht mehr im Gemeindegebiet, sie lebt jetzt im Johanniter-Stift in Klein-Karben.

In Gronau lebten am Stichtag 1206 Ledige, 1346 Verheiratete, 135 Verwitwete, sowie 190 geschiedene Personen.

1042 Gronauer waren evangelischen Bekenntnisses, Zur römisch-katholischen Kirche bekannten sich 666 Einwohner.

Kein einziger Gronauer Einwohner war älter als 100 Jahre, 3 Gronauerinnen waren zwischen 95 und 99 Jahre, 3 Männer und sieben Frauen waren zwischen 90 und 95 Jahre. Im Alter zwischen 80 und 90 waren 40 Männer und 51 Frauen.

Zuwachs für Gronau bedeuten die 29 Säuglinge bis zum Alter von einem Jahr, sowie 156 Kinder bis zum Alter von 5 Jahren.

Die Aufstellung der Gemeinde nach Altersstruktur ergibt in der Summe zum Januar 2013 eine Zahl von 2661 Gronauern mit Hauptwohnsitz in der Gemeinde, sowie 246 Nebenwohnsitz-Gronauer.

2020 hatte Gronau 2747 Einwohner