Spezialitäten aus der hessischen Küche – einfach köstlich

von Hansfried Münchberg

Durch die immer weitere Verbreitung von Fertiggerichten, Tiefkühlkost, Bäckereiketten und überregionaler Handelsketten geraten die Köstlichkeiten der heimischen Küche immer mehr in Vergessenheit.

Auch in der Gastronomie der Gronauer Umgegend wird inzwischen eher „international“ gekocht, egal ob Griechische Küche, Italienische Köstlichkeiten, Dönerbuden, es ist zwar oft sehr lecker und bekömmlich, aber doch geht viel von der Kultur der Küche des Rhein-Main-Gebietes verloren.

Mir fiel zum Beispiel auf, daß in vielen Bäckereien keine Wasserweck mehr angeboten werden. Das mag daran liegen, daß diese nicht mehr nachgefragt werden, kann aber auch daran liegen, daß die Nachfrage nicht da ist, weil es kein Angebot gibt.Ich meine die köstlichen, außen dunkelbraun gebackenen Wecken mit glänzender, knuspriger Kruste. Wenn man lang genug sucht, findet man die noch.

Foto von zwei Wasserweck
Wasserweck – vorschriftsmäßig Foto R. Hoch

Bei heimischer Küche fallen mir Dinge ein wie: Wellfleisch, Solber-Fleisch („Solwer“ in Gronau gesprochen),
natürlich Grie Soss, natürlich „Haass Flaschworscht“ (am besten in der kleinen Markthalle in Frankfurt), Gekochte Haspel, Frankfurter Rippchen mit Kraut, Rindswurst, Handkäs mit Musik, Pellkartoffeln mit Dickmilch, Saure Nieren und Leiterchen.

Auch der süße Teil der heimischen Küche braucht sich nicht zu verstecken, Kreppel in der Fassenachtszeit, Stutzweck zum Jahreswechsel, Bethmännchen, Quetschekuche, Riwwelkuche und „Frankfurter Kranz“.

Erstaunt war ich in den letzten Jahren, daß in den Gaststätten ringsum nicht etwa das köstliche Vilbeler Mineralwasser angeboten wurde, sondern Wasser aus Bayern, Edel-Wasser aus Italien, aus der Vulkan – Eifel oder sonstwoher. Wie sagte schon Altmeister Goethe ? „Wozu denn in die Ferne schweifen, ….!

Sorgen Sie bitte mit dafür, daß die regionalen Produkte und die traditionelle Küche nicht ganz untergehen, fragen Sie danach bei Ihrem Bäcker, Ihrem Metzgermeister und in Ihrer Stammwirtschaft!

Hier eine kleine Aufstellung für Auswärtige, Nichthessen, Zugewanderte und diejenigen, die diese Gerichte nicht mehr kennen:


 

Ann-Kristin Seidler: Wunderkuchen und Biskuitröllchen

Backen und Kochen sind von Jugend an die beiden großen Leidenschaften von Ann-Kristin Seidler.

Sie hat in der Fernsehsendung „Küchenschlacht“ sehr erfolgreich gekocht.
Sehr symphatisch hat sie auch regionale Rezepte dort der breiten Öffentlichkeit präsentiert.

Sie können Ihre Rezepte nachbacken und -kochen  wenn Sie sich mit Instagram auskennen.

 Ihre gezeichneten Rezepte teilt sie inzwischen mit mehr als 500 Followern auf ihrem Food-Blog »Eine_prise_liebe«. Dort veröffentlicht sie auch Fotos ihrer süßen Kreationen und tauscht sich mit Gleichgesinnten aus…….


 

Dörrfleisch – eine Spezialität, die außerhalb hessens nur wenig bekannt ist. Schweinebauch, geräuchert und schonend getrocknet (gedörrt), kann zur Zubereitung warmer Gerichte verwendet werden, in feine Würfel geschnitten schmeckt es kalt sehr gut auf herzhaftem Brot.

Gequellte mit Matte – Pellkartoffeln mit (Kräuter) – Quark

Grie Soss – Grüne Soße

Kartoffeln mit Grüner Soße und Eiern

Grüne Sauce ist eine kalte Kräutersauce, die meist zu gekochtem Fleisch (Tafelspitz) Pellkartoffeln oder Salzkartoffeln gereicht wird. Die original Frankfurter Grüne Soße enthält sehr feingewiegte Kräuter , und zwar Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer und Schnittlauch.
Die Kräuter werden mit hartgekochtem Eigelb und saurer Sahne verarbeitet, durch ein Sieb gestrichen und mit einem Löffel Senf, einem Eßlöffel Öl, Essig, Salz und Pfeffer verfeinert. Eine andere Variante wird mit Quark, Saurer Sahne oder Joghurt zubereitet, es schadet nichts, auch noch einen Teil Mayonaise zuzufügen.

 

Haass Flaschworscht – Heiße Fleischwurst – Eine köstliche heiße Fleischwurst habe ich in Frankfurt in der kleinen Markthalle gegessen. Bei der Wurstküche „Schreiber“

Handkäs mit Musik – Käse der aus Sauermilchquark hergestellt wird. Der Name kommt daher, daß er mit der Hand geformt wurde. Der Käse wird in Scheiben geschnitten, mit einer Marinade aus Öl, Essig, Wasser übergossen und mit Kümmel und Zwiebeln überstreut.

Handkäs Variante vom „aale Hoch“

Handkäse mit Kräutern auf einem Teller angerichtet

Eine leckere Variante – „Handkäs nach Opa Hoch“ – habe ich bei meinem Großvater abgeschaut und richte ihn noch heute gerne so an. Der Handkäs wird in feine Scheiben geschnitten und flach nebeneinandergelegt, die Scheiben gut mit Senf bestrichen, etwas Paprikapulver darübergestreut, mit einigen Tropfen Maggi bespritzt, Eine gute Menge Kümmel darüber gestreut, mit reichlich Schnittlauchröllchen garniert, dann werden 1-2 Esslöffel Apfelessig und etwa 3 Esslöffel Öl über die Scheiben geträufelt. Das ganze mindestens eine Stunde ziehen lassen, dann mit Butterbrot essen. Hmmmmm

 

Haspel – Eisbein, Haxe

Kreppel – heißen woanders „Berliner Ballen, Berliner Pfannkuchen, Krapfen“, gab es eigentlich hauptsächlich zur Fassenacht.

Lattwersch – auf hochdeutsch Pflaumenmus, bei niedriger Temperatur über längere Zeit eingekochtes Mus aus möglichst reifen, süßen „Quetsche“ und Pflaumen.

Leiterchen – oder auch Schälrippchen, gepökeltes Schweinefleisch, dazu Sauerkraut und Kartoffelbrei.

Maibowle Gronauer Art

Apfelwein, Zitronenlimonade, Bambel, Weingläser, Kräuter und Bembel auf einem Tisch

Rezeptur von Rainer Hoch

„Gronauer Maibowle“ ist etwas intensiver als die übliche Maibowle, hat weniger Alkoholgehalt und ist trotzdem schmackhafter und erfrischend:
Das im Dorfelder Wald „Große Loh“ gepflückte Maikraut (Waldmeister ohne Blüten, Stiele gekürzt) wird ungewaschen, da naturrein, in 2 Filtertüten (Gr. 1X4) locker gefüllt. Die Filtertüten werden zu Beuteln mit farblosem Zwirn zugebunden und durch Einstechen mit spitzer Gabel mit Luftlöchern versehen um in der Bowle den „Schwimmereffekt“ zu vermeiden. Die Beutel im Bowlegefäß mit 2 Litern Äpfelwein (von der Kelterei Wörner in Niederdorfelden) übergießen und ca. 2 Stunden ziehen lassen. Nach der Beutelentnahme 1 Flasche Sekt, 1 Flasche Gronaris Sprudel (ersatzweise Elisabethen Quelle oder anderes Vilbeler Wasser) und Eiswürfel zugeben. Mit Zucker abschmecken.
Beim anschließenden Trinken kann / wird / muß man feststellen, daß der Mai gekommen ist.

    

Wer das Mai-Kraut nicht selbst in der Großen Loh findet und nicht in die Frankfurter Markthalle kommt, er kann es im Hofladen Jahn in Büdesheim bestellen. Frische garantiert, wird fast täglich frisch aus der Markthalle geholt!

 

Mattekuche – Käsekuchen, auch gerne auf dem Backblech gebacken, siehe „Quetschekuche“.

Pellkartoffeln mit Dickmilch

Quer durch den Garten – Eine sehr schmackhafte Gemüsesuppe, basierend auf einer Rindfleischbrühe, hinein kommt, wie der Name schon sagt, alles an Gemüse, was gerade im Garten gereift ist, sehr gut mit Bohnen, frischen Erbsen, Blumenkohl, Möhren, Lauch.Sellerie und Maggikraut (Liebstöckel) als Würze mitkochen.

Quetschekuche – (Zwetschgenkuchen), da in den Sommermonaten, wenn die Zwetschgen reif sind, normalerweise der Kohle- oder Holzbefeuerte Herd nicht angeheizt wurde, brachte man die Backbleche, mit Teig und dick mit „Quetsche“ belegt zum Bäcker. Dieser schob die Bleche nach dem Brotbacken in seinen Ofen. Mit der Restwärme wurden die Kuchen gebacken. Damit jeder seinen Kuchen wieder bekam, wurde dieser mit Papier – Namensschildchen (Kopierstift) auf dem großen Backblech markiert. Mit einem sauberen Geschirrtuch, gegen Wespen und Fliegen, abgedeckt wurde er dann nach Hause getragen.

Rindswurst

Riwwelkuche – Riwwelkuche, woanders heißt der „Streuselkuchen“, auf dem Backblech zum Bäcker gebracht, siehe „Quetschekuche“.

Saure Nierchen

Schweinskopfsülze – Ein Fond aus Schweinskopffleisch, Schweinenacken, Gewürzgurken, Karotten, Sellerie, Zwiebel gewürzt mit Majoran, Petersilie, Lorbeerblatt, Nelken, Pfeffer, Salz, wird mit aufgelöster Gelantine in eine Terrinenform gegeben. Nach dem Erkalten mit Bratkartoffeln und Remouladensauce serviert.

Sirup – Da Limonaden keineswegs jederzeit verfügbar und erschwinglich waren, wurden wohlschmeckende Getränke natürlich selbst hergestellt. Je nach Fortschritt der Jahreszeit wurden Bromberen, Himbeeren, Rhabarber,Kirsche oder Holunder mit reichlich Zucker zu einem haltbaren Sirup gekocht. Ein kleiner Schuss davon wurde mit Wasser, oder noch besser mit Bizzl-Wasser zu einen erfrischenden Getränk für uns Kinder gemixt.

Soleier

Soleier in einem Glasgefäß
Foto eines Rezeots für Soleier

 

„Solwer“ – Solperfleisch mit Sauerkraut – Schweinsfüße, Schwänze, Ohren, anderes Kopffleisch, aber auch Bauchläppchen werden in einer Salzlauge, zu der auch etwas Salpeter verwendet wird, gepökelt, bis sie schön reif sind.
Zum gekochten Solwer schmeckt Sauerkraut, aber auch Wirsinggemüse.

Speutzekuche – André Knorr sandte uns diese Anregung: „Unter der Rubrik „Köstliche Küche“ fällt mir noch ein Kuchen ein, den meine Oma und Uroma ( Ella Mohr und Katharina Wenzel) immer gebacken haben. Das war der „Speutzekuche“, ein Blechkuchen mit Hefeteig, Kirschen (mit Kernen) und Streusel (Riwwel). Speutzekuche deshalb, weil man die Kirschkerne dann immer „ausspeutze“ musste, um sie nicht zu verschlucken.“

Wellfleisch – Wellfleisch nennt man das gekochte Bauch- und Kopffleisch vom Schwein. Es wird unmittelbar nach der Schlachtung in einem Kessel zubereitet. Mit weiteren Zutaten wie frischer Blut- und Leberwurst ist es Bestandteil der Schlachtplatte.

Worschdsupp – Wurstsuppe ist die Brühe, die bei der Herstellung von Brüh- u. Kochwurst entsteht. Beim traditionellen Schlachtfest wurden vor den Würsten auch Wellfleisch, Fleisch und Leber im gleichen Kessel gegart, wodurch – besonders, wenn später auch noch Würste platzten – eine kräftige Brühe entstand, die die Grundlage zum Beispiel für Brotsuppe oder „Quer durch den Garten“ – Eintopf bildete. Sie war in der Nachkriegszeit als „Fett-Spender “ sehr begehrt. Man transportierte die Suppe in einer Milchkanne.