Rüdiger Gutmann (†) schrieb einen Beitrag im Jubiläumsheft 1200 Jahre Gronau (1986)
Der Vorstand des Rasse-Geflügelzuchtverein Gronau 1921 im Jahr 1986
„Die Vereinsgründung wurde am 1.3.1921 in der Gastwirtschaft „Zur Rose“ in Gronau von einigen interessierten Männern vollzogen. Bis dahin begnügte man sich noch mit der Haltung von Nutzgeflügel, das überwiegend auf den heimischen Bauernhöfen bereits vorhanden war. Bei dieser Gründung war man sich einig, daß die Gänse, Enten, Puten und Hühner außer der Eier-/Fleischproduktion auch noch ein paar zusätzliche Reichsmark erzielen sollten, sofern sie von nun an standardgemäß als reinrassige Tiere gezüchtet wurden. Die Gründer des Vereins waren:
Karl Wilhelm Christian Wenzel (Schmiedemeister), Heinrich Hammel, Friedrich Wilhelm Wenzel (Wagnermeister) und 1. Vorsitzender, Karl Friedrich Ferdinand Wenzel (Bürgermeisters-Karl), Friedrich Ferdinand Wenzel (Strohbart), Georg Adolf Müller, Karl Friedrich Adolf Wenzel (Gastwirt), Wilhelm Philipp Wenzel (Bäckermeister), Wilhelm Christian Bauscher, Karl Ferdinand Giesel, Wilhelm Meisinger, Rudolf Laupus, Friedrich Otto Arnold, Johann Theodor Wenzel.
Die zwei folgenden Episoden sollen den Pionier-/Kameradschaftsgeist widerspiegeln, die beim Beschicken von Ausstellungen erlebt wurden. Es war im Dezember 1926, als die Gründer W. Bauscher und K. Giesel, mit ihren Fahrrädern und mit je 2 Kisten lebendem Geflügel bepackt, zur Geflügelausstellung bis nach Nieder-lssigheim fuhren. Die Heimfahrt wurde in Mittelbuchen wegen eines Defektes unfreiwillig unterbrochen. Dort kannte man einen Freund, der den „Plattfuß“ flickte. Die lange Wartezeit vertrieb man sich mit einigen Schnäpsen und Bier, die von der Gastgeberin in der warmen Stube serviert wurden. Die letzte Wegstrecke war sehr beschwerlich zurückzulegen, denn man hatte außer Hühnern und Tauben noch zwei „Affen“ zu transportieren. Die Steigungen wurden durch Schieben und die abschüssigen Strecken durch überhöhte Geschwindigkeit bravourös zurückgelegt. Dies sollte den beiden Zuchtfreunden zum Verhängnis werden, denn eine scharfe Kurve konnte nicht mehr richtig berechnet werden. Nun passierte unweigerlich das Malheur, und so fand man sich im Straßengraben wieder. Natürlich brauchte man seine Zeit, bis einige entwichene Tiere wieder eingefangen waren. Es durfte ja kein Tier fehlen, denn es handelte sich um einen Sammeltransport des Gronauer Vereins. Heilfroh war man, als man nach der langen Fahrt frühmorgens unversehrt gegen 4 Uhr wieder wohlbehalten zu Hause war.
1928 beschickte man am Totensonntag in der Gastwirtschaft „Zum Pfau“ in Vilbel ebenfalls eine Ausstellung, denn auch dort waren bereits einige Gronauer Züchter Mitglied im Kleintierzuchtverein. Mit zwei Handwagen und einer Schubkarre gings per „Pedes“ mit 55 Hühnern und Tauben, von 5 Zuchtfreunden ausgestellt, in die Nachbarstadt. Das gute Ausstellungergebnis wurde kräftig begossen, und so brauchte man sich nicht wundern, daß man die „Lohgasse“ zwar schnell passieren konnte, aber der „Kisskopf“ hatte seine gewaltigen Tücken. Zur damaligen Zeit waren die Straßen noch mit gewaltigen Schlaglöchern versehen. Dies war sowohl für die Tiere, als auch für den einen Züchterfreund, den man notgedrungen fahren mußte, zum Nachteil. Die Hühner mußten späterhin erst wieder das Eierlegen erlernen, so verstört waren sie. Der Alkoholsünder „Schorschi Müller“ aber konnte, in Gronau angekommen, nur noch mit kaltem Wasser kräftig geweckt werden. Schließlich sollte er mit den „Gladiatoren“ Heinrich Hammel, Bürgermeister-Karl, Wilhelm Bauscher und Karl Giesel gemeinsam aufrecht ins Dorf einlaufen, denn blamieren wollte man sich nicht.
Durch die Kriegswirren und unsachgemäße Aufbewahrung von Archivgut können die ehemaligen Vereinslenker nicht mehr alle lückenlos genannt werden.
Heute zählt der Verein fast 100 Mitglieder. Ca.35 Aktive stellen die Säulen des Vereins dar. An ihrer Spitze die Gründungsmitglieder Karl Giesel und Wilhelm Meisinger. Dem geschäftsführenden Vorstand gehören heute noch an: Ehrenvorsitzender Fritz Müller, 1. Vorsitzender Rüdiger Gutmann, 2. Vorsitzender Karl Lenz, Schriftführer Klaus Reifschneider, Kassierer Willi Kroh. Erweiterter Vorstand: Dieter Czaplynskyj, Albert Arnold, Volker Philippi, Oskar Weil, Lothar Reifschneider, Walter Laupus, Manfred Schulze, Friedrich Schönborn. Ungefähr 50 verschiedene Hühner-/Taubenrassen werden in den heimischen Züchterwerkstätten betreut. Die Aktivitäten bestehen in erster Linie in dem Züchten und Beschicken der Tiere für Ausstellungen in der näheren und weiteren Umgebung (Hannover, Dortmund, Nürnberg etc.).
Als neue Einrichtung wird -jeweils Anfang November – seit 1985 in der seit 1984 bestehenden Mehrzweckhalle eine gemeinsame Stadtschau zusammen mit den Vereinen Kernstadt und Heilsberg durchgeführt. Hierbei wird der jeweilige Stadtmeister für Kaninchen und Rassegeflügel ermittelt. Auch wurden bisher sporadisch Ausflüge unternommen. Familienabende, Hähnewettkrähen, verbunden mit einer Jungtierschau, um nur einige weitere Aktivitäten zu nennen, zählen ebenfalls zu dem heutigen Vereinsleben.
Als Zukunftsperspektive sieht der Vorstand die Verwirklichung eines eigenen Zuchtgeländes. Die bisherigen Bemühungen ein geeignetes städtisches Grundstück zum Bau einer Rasse-Geflügelzuchtanlage zu finden, haben bisher bei den Genehmigungsbehörden noch keine positiven Erfolge erzielt. Bleibt zu hoffen, daß der heutige Vorstand bis zu seinem 75jährigen Vereinsjubiläum in 1996 die Weichen zukunftsweisend gestellt hat.
Soweit der Text von 1986
Im Jahr 2021 konnte der Verein sein 100 jähriges Jubiläum feiern.
Interessanter Artikel von unserer Gronauer Reporterin Christine Fauerbach in der Wetteraur-Zeitung / FNP vom 02. März 2021
100 JAHRE GEFLÜGELZUCHT
In Gronau hat Geflügelzucht Tradition
Die Liebe gilt dem Federvieh. Seit 100 Jahren lassen gefiederte Schönheiten die Herzen der Mitglieder des Rassegeflügelzuchtvereins Gronau höherschlagen…
Lesen Sie bitte weiter HIER