von Hansfried Münchberg

Demgegenüber standen sehr heiße und auch trockene Sommer mit viel Sonne. Die Wetteraufzeichnungen für den hessischen Raum weisen jeweils Ende Juli für 1949 einen Wert 29,6 Grad, sowie für 1951 eine Temperatur von 32,4 Grad Celsius auf. Warmen Tagen folgten oft schwülwarme Nächte, verbunden oft mit unglaublichen Gewittern, sowohl was deren Intensität, als auch deren Dauer betraf. Die örtlichen Zeitungen berichten über schwere Unwetter besonders im Jahr 1950.

Diese sind mir besonders in Erinnerung geblieben, da meine Großmutter eine Heidenangst vor Gewittern hatte.

Naturgewalten

Es würd` was fehlen, wenn ich nicht dächte,
an Gronaus warme Sommernächte,
du liegst im Bett, ein schöner Traum,
der süße Duft vom Lindenbaum,
doch jäh wird dir dein Schlaf zerrissen,
„macht schnell, steht auf, raus aus den Kissen !“

Die Kerz` in der Hand, die Oma zittert,
„wie könnt ihr nur schlafe`, horcht, es gewittert !“
„Bleibt fern vom Strom und auch vom Wasser !“
Die Oma sie wird immer blasser,
vor Angst ihr fast die Tränen rollen,
wenn draußen dröhnt das Donnergrollen.

Ein Köfferchen steht stets bereit,
Papiere Kleidung, Geld – soweit,
sie haben lang uns wach gehalten,
die Gronauer Naturgewalten

Hansfried Münchberg

Gewitter – Alarm

Jedesmal, wenn auch nur von Ferne ein Wetterleuchten am Taunus zu sehen , oder aber ein fernes Donnergrollen zu hören war, war Alarmstimmung angesagt. Wenn das Gewitter nachts aufzog, wir Kinder also bereits schliefen, wurden wir geweckt. Wir mußten uns komplett anziehen, wurden schnell noch ordentlich gekämmt, Klämmerchen ins Haar, alsdann mußten alle, inclusive Urgroßmutter, um den Küchentisch versammelt werden, damit auch ja keiner unbemerkt ans Fenster ging. Auf keinen Fall durften wir hinausschauen, wir mußten weit von der Wasserleitung, von allen Metallgegenständen und von allen Steckdosen entfernt bleiben.

Alle elektrischen Sicherungen wurden herausgeschraubt, die Stecker aus den Steckdosen gezogen. Kerzen wurden entzündet. Das war wirklich notwendig, weil bei fast jedem Gewitter oft für Stunden der Strom ausfiel.

Als Wichtigstes hatte meine Großmutter, immer griffbereit neben sich, einen metallenen Koffer, der im früheren Leben mal ein Behälter für die Patronengurte eines Maschinengewehrs war, in diesem feuerfesten Köfferchen waren alle wichtigen Papiere sowie einige Erinnerungen.

Zeichnung eines kleiner Koffers, einer Kerze und alter Schreubsicherungen
Notfallmaßnahmen, Kerze, Sicherungen
und das Alarm – Köffersche

Da saßen wir nun um den Tisch herum, bei jedem Blitz zuckte meine Großmutter zusammen, anschließend auch beim folgenden Donnergrollen. Wir Buben erschraken pflichtschuldigst mit. Wir hätten natürlich niemals zugegeben, so ein bißchen gefürchtet haben wir uns auch.

Es waren aber auch wirklich schwere und lang anhaltende Unwetter, man sagte immer, die kämen nicht über die beiden Bäche, blieben daran hängen und würden über Gronau stehenbleiben bis sie sich ausgetobt hätten.

Ich erinnere mich an eine schwüle Sommernacht ich meine es war 1954 oder 55, ein heftiges Unwetter war herangezogen, ein Blitz und sofort ein heller, furchtbarer Knall, es roch nach Schwefel, da war klar, irgendwo in der Nähe hatte es eingeschlagen.

Kurz darauf hörten wir lautes Rufen, Gerenne und das rasante Heranfahren von Fuhrwerken. Es hielt uns nicht mehr im Haus, wir mußten nachschauen.

Der Blitz war in eine, dicht bei der Riedmühle stehende Pappel eingeschlagen, hatte diese gespalten, war auf den Kuh-Stall übergesprungen. Dieser stand in hellen Flammen. Man hörte das Vieh brüllen, die freiwillige Feuerwehr tat alles, um die Viecher zu retten, aber der nächste Hydrant war weit weg und es gelang kaum, mit der Pumpe (ich meine, die war noch mit Muskelkraft betrieben) genügend Löschwasser aus dem Riedmühl-Teich heranzuschaffen.

Da uns Buben leider verboten wurde, ganz nah an das Geschehen heranzugehen, verfolgten wir den Verlauf des Unglücks von der Friedhofsmauer aus, man saß erhöht auf der breiten Sandsteinmauer, hatte einen sehr guten Blick, geradeaus den Weg entlang, auf das brennende Gemäuer. Ich habe heute noch das Bild vor Augen, das die zwischen den Ritzen der Dachziegel durchzüngelnden Flammen bildeten. Ein ganz gleichmäßiges Dachziegel – Feuermuster war über das ganze Dach verteilt.

Kleiner Koffers mit diversen Dingen
Das reale Gewitterköfferchen

Soweit ich mich erinnere, ist der Stall ganz abgebrannt, Die Kühe konnten nur teilweise gerettet werden, ein Übergreifen der Flammen auf das Gebäude der Riedmühle konnte glücklicherweise verhindert werden, Menschen kamen nicht zu Schaden.
Eine Chronik der Gronauer Feuerwehr können Sie hier, auf der Homepage der FFW Gronau besuchen.