von Hansfried Münchberg

„Autsch“, das hatte weh getan, schon wieder die Knie aufgeschrammt. Das passierte uns Gronauer Buben mit unseren kurzen Hosen fast täglich.
Bei unseren Streifzügen durch das Dorf steuerten wir regelmäßig die alte Kirchhofsmauer in der Kirchgasse an, denn da wuchs ein großer Holunderstock, aus dessen Ästen man vorzügliche Pfeilspitzen, aber auch hervorragende Blasrohre gewinnen konnte.

Der Weg dorthin führte zwangsläufig an der Werkstatt von Schreinermeister Gerhard Wenzel, genannt „Morschannese Gerhard“ vorbei.

Eine alte Hausmauer
Hier holten wir uns oft blutige Knie

Diese Werkstatt übte auf uns Buben eine schon magische Anziehungskraft aus. Diese Magie wurde noch dadurch gesteigert, daß wir den Hof und die Werkstatt unter Androhung fürchterlichster Strafen nicht betreten durften.
Zu interessant aber für kleine Naseweise auch zu gefährlich waren die dort installierten Maschinen.

Alleine schon die Tischkreissäge war sensationell, ich meine mich aber auch an eine Bandsäge sowie eine Hobelmaschine erinnern zu können, alle angetrieben von einer Batterie von Transmissionsriemen. Nur, wie gesagt, die waren unerreichbar für uns, vielleicht hat sich durch diese Magie des Unerreichbaren auch die Anzahl und Größe der Gerätschaften multipliziert.

Blick in einer Zimmermannswerkstadt
Fast wie damals, Blick in die Werkstatt durchs Fenster

Nun gut, wenn wir schon nicht hinein durften, dann konnte man ja wenigstens versuchen, einen Blick durch die vergitterten Fenster zu erhaschen. Leider waren wir zu klein, bzw. die Fenster zu hoch, so daß wir diese Neugier nur durch einen hohen Blutzoll befriedigen konnten.

Einen Blick in die Werkstatt konnte nur erhaschen, wer es schaffte, durch einen Klimmzug an dem Fenstergitter genügend Höhe zu gewinnen, um wenigstens mit den Augen oberhalb der Fensterbank anzukommen. Leider rutschte man das eine oder andere Mal aber auch ab. An dem rauhen Sockel rieb man sich dann die Knie wund, so daß die Mauern der Werkstatt zur Kirchgasse hin getränkt sein müssen mit dem Blut der Gronauer männlichen Jugend.

Aber zwei, drei Mal im Jahr gab es einen Festtag für unsere Neugier, sozusagen einen „Tag der offenen Tür“ in der Schreinerei.

Besagter Schreinermeister Gerhard Wenzel besaß eine sagenhafte „Konservendosenzumachmaschine“ oder wie immer das Gerät geheißen haben mag.
Dieses Gerät verschaffte uns den ersehnten Zugang.

Es war in den Nachkriegsjahren üblich, die Ernte des heimischen Gartens und der Obstbäume zu konservieren. Einen Supermarkt oder gar Lebensmitteldiscounter gab es damals ja noch nicht. Die wenigen Konserven, etwa Ananas oder Kalifornische Pfirsiche in Konservendosen waren sündhaft teuer.

Also wurde alles Mögliche was im Garten anfiel eingemacht. Im Normalfall wurde „Eingeweckt“. Eine aufwendige Prozedur, bei der Obst oder Gemüse durch Erhitzen pasteurisiert wurde, alsdann wurde das Einmachgut in „Weck-Gläser“ gefüllt, wobei ein kleines Luftpolster gelassen wurde. Der Rand des Einmachglases mußte absolut sauber sein. Alsdann wurde ein REX – Einmachgummi ( siehe hierzu am Ende der Geschichte die Anmerkung REX – HOREX) aufgelegt, das Glas mit einem Deckel verschlossen. Dieser wurde mit einer Klammer fest auf dem Glas gehalten. Eine Anzahl Gläser wurde auf einem Einmachgestell fixiert und in einen Einmachkessel der mit etwas Wasser aufgefüllt war, eingebracht.

Dieser Kessel kam auf den Herd und wurde erhitzt. Durch die Wärme dehnte sich die verbliebene Luft in dem Weck-Glas aus und entwich an dem Rex-Gummi vorbei aus dem Glas. Beim Wiederabkühlen entstand ein Unterdruck wodurch der Deckel fest auf dem Glas gehalten wurde. War alles geglückt, waren die Gläser nun dauerhaft verschlossen und man konnte das Eingemachte für Jahre aufbewahren. Leider, oder zum Glück, ging hierbei öfter auch etwas schief, einige Gläser waren nicht verschlossen, was für uns das Glücksgefühl eines Kompott – Nachtisch – Überangebots bedeutete.

Dosenzumachmaschine
So etwa sah die Dosenzumachmaschine aus
Quelle: wikipedia

Eine weitere Methode, und jetzt wird es interessant für uns Buben, war das Konservieren in Dosen.
Man besorgte beim Schreinermeister Wenzel leere Konservendosen, füllte diese mit den zu konservierenden Gütern, dies wurden ebenfalls schonend erhitzt. Dann mußte die ganze Fuhre vorsichtig, ohne viel zu plempern, meistens auf dem Handwagen, zur Schreinerei gebracht werden.

Ausnahmsweise durften wir bei dieser Gelegenheit mit in die Werkstatt, denn die Dosenzumachmaschine stand ziemlich vorne, so daß wir gut im Blick waren und den gefährlichen Geräten nicht zu nahe kamen. Natürlich übte auch diese Maschine eine große Faszination auf uns aus.

Die gefüllte Dose wurde vorsichtig auf einem Drehteller genau im Zentrum positioniert, alsdann wurde möglicherweise übergeschlabberte Flüssigkeit nachgefüllt, die Dose sollte bis oben gefüllt sein. Mit großer Umsicht wurde nun ein Deckel auf die Dose gelegt, dieser natürlich auch wieder genau mittig.

Alsdann senkte sich von oben eine Art Stempel auf den Dosendeckel, welcher dadurch fest auf den Dosenrand gedrückt wurde. Nun begann die Dose sich für genau eine Runde auf dem Drehteller zu drehen, dabei wurde der leicht überstehende Rand des Deckel um den Rand der Dose gebördelt. Nach genau einer Runde war die Dose verschlossen.

Zu unserer großen Freude durften wir das große Schwungrad, welches die Maschine in Gang setzte ab und zu mal drehen.

Wer hat schon mal das Privileg genossen, als Kind seine eigene Konservendose zugemacht zu haben? WIR!!!!

Danke Gerhard Wenzel !!!

REX Einmachgummi und HOREX – Motorräder – eine Familie

Ein Motorrad

Die Rex Einmach-Gummis hatten, was nur wenige ahnen, etwas mit den damals legendären HOREX – Motorrädern gemein, sie kamen sozusagen aus einer Familie.
Eine Horex Regina war in der Nachkriegszeit ein absolutes Statussymbol, so wie heute vielleicht eine Harley.

Horex
Horex war eine deutsche Motorradmarke der „Horex-Fahrzeugbau AG“, die 1923 von Fritz Kleemann in Bad Homburg vor der Höhe in Hessen gegründet wurde. Der Markenname Horex entstand aus Homburg, ergänzt um das Warenzeichen „REX“ der elterlichen „REX-Konservenglasgesellschaft Bad Homburg“.

1950 kam als Weiterentwicklung der SB 35 die „Regina“ mit Teleskopgabel und Geradweg-Hinterradfederung auf den Markt. Das Motorrad mit dem 350-cm³-Einzylindermotor war das erfolgreichste Horex-Motorrad. 1953 war sie mit 18.600 gebauten Exemplaren die meistverkaufte 350er der Welt.
(Quelle: wikipedia)