von Alfred Fischer

Wenn die Tage kürzer wurden und die Temperaturen etwas zu sinken begannen, die Getreidefelder abgeerntet waren und das Getreide auf dem Trockenboden eingelagert war, begann der nächste Abschnitt der Ernte. Die Kartoffeln mussten eingebracht werden.

Kartoffelroder
Kartoffelroder

Heute kriegt man als Unbeteiligter kaum noch was davon mit. Man sieht zwar, dass sich eine Maschine langsam über den Kartoffelacker schiebt und ein paar Menschen obenauf werkeln, doch das ist recht weit weg und im Dorf sieht man wenig vom Ergebnis.
Das war in Gronau noch in den 60er Jahren ganz anders. Fast in jedem zweiten Haus war ein bäuerlicher Betrieb und viele Dorfbewohner beteiligten sich an der doch recht aufwändigen Ernte. Die Kartoffeln wurden zwar bereits mit speziellen Maschinen gerodet und aus den Reihen breit verteilt, doch sie mussten von Hand aufgelesen werden.

So mit 14- 15 Jahren gehörte ich zusammen mit den Brüdern Franz und Albert Keidl zur Erntemannschaft des Bauern Richard Böckel. Ich war ganz stolz, denn hier wurde nicht jeder genommen und die Betreuung der Erntehelfer war ausgezeichnet. Zur Feldarbeit stand bereits ein Traktor zur Verfügung, doch auch ein prächtiges Paar schwarzer Pferde waren im Einsatz, die von Jockel, dem Knecht betreut wurden. Für das leibliche Wohl auf dem Acker- es gab zur Pause Latwerschbrote mit Kaffee, sorgte die Bäuerin Margot.

Lief es gut, Bauer, Maschine und Pferde arbeiteten störungsfrei und es war eine vielköpfige Mannschaft zusammen, kam am Ende eines Tages eine ordentliche Fuhre zusammen. Die in Säcke abgefüllten Kartoffeln wurden auf den Wagen verladen und abtransportiert, wir Helfer obenauf.

Wenn es in der Zeit passte und das war meist gegen Ende der Ernte, wurden Kartoffelfeuer angezündet. Die Feuer brannten unter reichlich Rauchentwicklung ab und entwickelte ordentlich Glut. Kartoffeln, in dieser Glut gegart sind zwar voller Asche, teilweise verbrannt und heiß wie die Hölle, schmecken aber unvergleichlich. Der Geruch von brennendem Kartoffelkraut, der Schein der Feuer in der beginnenden Dämmerung und der Geschmack der frisch gegarten, köstlich duftenden Kartoffeln sind für mich die romantische Erinnerung an die Kartoffelernte.

Stolz über die erbrachte Leistung fuhren wir bei bereits einbrechender Dunkelheit auf den Hof. Noch am Abend wurden die Kartoffeln über Rutschen durchs Kellerfenster lose im Keller eingelagert. Die Säcke wurden ja bereits am nächsten Tag wieder gebraucht.

Es war eine ganz besondere Stimmung, die an diesen Abenden im Dorf herrschte. Eine gelöste Betriebsamkeit beim Einkellern der Kartoffeln unter dem schummrigen Licht von Petroleumlampen, die vorher noch als Rückleuchten an den Wagen hingen. Der Duft frisch geernteter Kartoffeln vermischt mit dem Geruch der anhaftenden Erde waberte durch den Ort und dazwischen die Menschen, die sich nach einem schweren Arbeitstag auf den Feierabend freuten.

Noch nach Jahren, ich hatte schon lange nichts mehr mit der Kartoffelernte zu tun, spürte ich diese Stimmung, wenn ich an bestimmten Herbsttagen durch den Ort ging.