Die wundersame Rettung der Gronauer Kirche vor 100 Jahren

Kirchturm

Blitzeinschlag in der Gronauer Kirche am 15. Mai 1918

In einer anschaulichen Schilderung aus dem letzten Jahr des 1. Weltkrieges berichtet Pfarrer Karl Sopp, der von 1916 bis 1921 Pfarrer in Gronau war, von einem glimpflich ausgegangenen Naturereignis, das dieser sozusagen als Augen- und Ohrenzeuge erlebt hatte.

Pfarrer Sopp schreibt: Am 1. Pfingstfeiertag hatten wir einen ziemlichen Schrecken. Nachmittags zog ein Gewitter von Nordosten kommend herauf und ¼ nach 5 Uhr schlug der Blitz in unsere Kirche ein.

Glücklicherweise war es ein kalter Schlag, sonst wären von der Kirche wohl nur die Umfassungsmauern geblieben.

Unser alter Kirchendiener Fassel war kurz zuvor noch in der Kirche gewesen, um die Uhr aufzuziehen.

Da der Blitz auch durch die Uhr gefahren ist, so wäre Fassel unrettbar verloren gewesen, wenn er noch bei der Uhr beschäftigt gewesen wäre.

Der Blitz ist offenbar in die Turmspitze eingeschlagen hat an der Helmstange Verwüstungen angerichtet, einen die Helmstange stützenden Seitenbalken zertrümmert, hat dann unter dem oberen Schall-Loch nach Süden ein ganzes Gefach herausgeschlagen, ist an dem Balten entlang bis zur Verteilung Stange der Uhrzeiger mit der Uhr gefahren unter vielfacher Beschädigung der Balken und des äußeren Schiefer- Belags, hat den Uhr- Kasten zertrümmert und ist dann durch die Decke in das Kirchenschiff gelangt und zwar an dem Drahtseil, an dem der Kronleuchter hängt entlang laufend hat er den dicken Pfeiler (nördlich), auf dem der Turm ruht unten zersplittert und ist schließlich unter Beschädigung der westlichen Haupttüre zu dieser hinaus in die Erde gefahren.

Wäre Gottesdienst gewesen, so wären die unteren die um den Pfeiler sitzenden Frauen in größter Gefahr gewesen. Ich stand gerade am Fenster und sah auf den Turm, als es einschlug. Der abfliegende Schiefer und Verschalungsbretter flogen bis auf die Straße. Ich ging sofort in die mit Schwefeldampf gefüllte Kirche um festzustellen, ob etwa der Blitz irgendwo gezündet habe. Dies war nicht der Fall. Aber die Verwüstungen sind doch schon sehr arg gewesen. Durch das Herabfallen von Teilen der Decke lag der Lehmstaub in der ganzen Kirche zerstreut. Einige Gemeindeglieder glaubten, dass mit Rücksicht auf die Zerstörungen der Abendgottesdienst um ¼ vor 8 Uhr Uhr ausfallen müsste. Aber ich hielt ihn doch und zwar als Dankgottesdienst für die Errettung des Lebens des Gemeindegliedes.

Schaulustige Gronauer

War die Gemeinde der Neugierigen die mit Kind und Kegel, die Mützen auf dem Kopf und die brennende Zigarre im Mund sich in der Kirche eingefunden Hatten, bis ich Ordnung schaffte, sehr groß, es fehlte niemand, so war die Dankgemeinde, die sich abends ¼ vor 8 Uhr im Gotteshaus, das inzwischen einigermaßen gereinigt war, sehr klein, was ich auch in der Predigt erwähnte. Der Schaden ist doch ziemlich bedeutend. Der Dachdeckermeister Eckhard von Vilbel hat allein einen unverbindlichen Voranschlag nur für die Dachdeckerarbeit von 472 M. eingereicht. Hoffentlich wird die Feuerversicherung alles bezahlen.

Soweit der interessante Bericht des Pfarrers.

Ausgerechnet in dieser Zeit litt die Kirchengemeinde genau wie die politische Gemeinde Gronau große finanzielle Not, durch den Krieg waren die öffentlichen Kassen ruiniert. Die Gemeinde Gronau hatte ihr gesamtes Barvermögen in Kriegsanleihen angelegt, infolge der Inflation geht das gesamte Vermögen verloren

Ob die Versicherung für die Beseitigung der Schäden des Blitzeinschlages gezahlt hat, habe ich noch nicht herausfinden können.