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Schwarz-Weiß-Foto des Gronauer Hofes hinter der Nidda

Gronau und der Gronauer Hof

von Hans Karl Heinrich
Fotos von Christa Heinrich

aus dem „Blättche“ der Ev. Kirchengemeinde Gronau,
Ausgabe für Oktober/November 2009

Gronau ist ältestes Siedlungsgebiet aus karolingischer Zeit. Der Ort ist wohl wesentlich älter als seine erste urkundliche Erwähnung im Codex (Verzeichnis) des Klosters Lorsch vom 25. Februar 786 und hat demnach eine längere Geschichte als München oder Berlin.

Ein Teil dieser Geschichte ist der „Gronauer Hof„, der eine bewegte Zeit hinter sich hat, die sich im Jahr des Herrn 2009 dem Ende zu neigt.

Die letzten dreihundert Jahre können für seine tausendjährige Historie stehen: Seit 1691 befand sich das Hofgut im Besitz der Herrschaft Hanau und wurde als solcher 1806 von Napoleon an den Grafen Renier verschenkt, um nach Rückführung in Hanauer Besitz als Staatsdomäne im Jahr 1928 dem Land Hessen über-eignet zu werden. Zu jenem Zeitpunkt umfasste der Gronauer Hof 979 Morgen Land, Wiesen und Wald (ca. 94 ha) und wird als „eine ansehnliche Mayerey, Klein-Grunau genannt„ beschrieben.

Doch die frühesten Besitzverhältnisse gehen auf das Spätmittelalter zurück.

Spaziergang durch die Jahrhunderte

Von 1427-1691 befand sich der Gronauer Hof, ebenso wie der Dottenfelder Hof, der im Volksmund auch heute noch als „Pfaffenhof„ bezeichnet wird, im Besitz des Prämonstratenserklosters von Ilbenstadt. Schon im Ilbenstädter Inventarium von 1539 wird das Gronauer Hofgut als „Cleingrunaw„ bezeichnet; 1582 wird eine Capelle erwähnt, die 1689 noch bestand und vermutlich die Mutterkirche der späteren Gronauer Kapelle war, an deren Stelle vor genau 290 Jahren die Gronauer evangelische Kirche, so wie wir sie kennen und lieben, errichtet wurde.

Die früheste Erwähnung eines Geistlichen reicht tatsächlich in das Jahr 1290 zurück, damals gehörte Gronau zum Mainzer Archidiakonat St. Peter außer den Mauern. Er wird als „Pastor Gottschalk von Königstein„ bezeichnet und deswegen erwähnt, weil er 1290 ein Haus in Gronau an das Frankfurter Stiftskapitel übereig-net, das noch knapp 500 Jahre später auf einer Landkarte von Gronau als „Frftr. Hospital Hof„ bezeichnet wird.

Ein letztes Kapitel

Stallungen
Die Stallungen

Doch zurück zum „Gronauer Hof„ und dem letzten Kapitel seiner Geschichte, das durch seinen Verkauf von der hessischen Landesregierung herbeigeführt und von der Kommunalverwaltung gewollt und vorangetrieben wurde. Es ist abzuwarten, ob angesichts der Renaturierungsmaßnahmen an der Nidda, die voll im Gang sind, für Gronau ein attraktives Naherholungsgebiet entsteht, oder irgendwann die Schilder mit „Achtung, tieffliegende Hartgummibälle!„ auftauchen.

Tatsache ist, dass das, was der Gronauer Hof über Jahrhunderte hinweg war, er so nicht mehr sein wird: ein Teil der hessischen Kornkammer am Südwestzipfel der Wetterau.

Leben auf dem Hof

Pferde auf der Koppel im Winter
Zum letzten Mal Pferde auf der winterlichen Koppel des Gronauer Hofes?

Auch jeder Außenstehende und Nichtfachmann konnte erkennen, wenn er nur mit offenen Augen etwa an der Nidda in Richtung Karben unterwegs war, mit wie viel Sorgfalt und wohl auch Herzblut auf den Äckern des Gronauer Hofes konventionelle Landwirtschaft betrieben wurde. Wer dem Bauernhofgeruch nicht auto-matisch aus dem Weg ging und gleich einen großen Bogen um Schweinestall und Pferdekoppel machte, konnte sich denken, warum die Verlosung eines Spanferkels und der berühmten „Sau„, von der Pächterfamilie gestiftet, sich an der Gronauer Kerb außergewöhnlicher Beliebtheit erfreute. Und die wieder-käuenden Kühe auf den Wiesen zwischen Niddauferweg und Bahngleise waren bis vor einigen Jahren noch Teil eines Ambientes, das mancher Jogger, Walker und Radfahrer zu genießen wusste.

„… füllet die Erde …„

Schwarz-Weiß-Foto der Hofeinfahrt
Einfahrt zum Hof

Mit Familie Schwarz, die in zweiter Generation den Gronauer Hof und die dazugehörigen Äcker bewirtschaftet hat, wird in unserem nächsten Umfeld ein Zeitalter zu Ende gehen, das sich einer bäuerlichen Tradition verpflichtet weiß, nämlich einer landwirtschaftliche Nutzung des uns anvertrauten Lebensraumes, die biblisch verankert ist. „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan.„ (1. Mose 2,28) lautet das Mandat, das wir Menschen von Gott im Blick den uns zugewiesenen Lebensraum erhalten haben.

Vom Umgang mit der Schöpfung

Nielgänse auf dem Feld
Nilgänse auf dem ehemaligen Acker des Gronauer Hofs

Wenn man die hebräische Bibel aufmerksam liest und genau hinhört, dann wird einem klar, dass es hierbei nicht um eine Beherrschung oder gar Unterjochung der Erde und aller Mitgeschöpfe durch den Menschen geht, auch wenn es dieses Missverständnis selbst unter Christen immer wieder gegeben hat. Für mich gehört verantwortungsbewusster Ackerbau, der die Lebensräume von Feldhasen, Reihern und Nilgänse schützt und dabei jene Erträge bringt, die eine Bewirtschaftung noch rentabel machen, zu dem, was Christen unter dem Stichwort „Bewahrung der Schöpfung„ zusammenfassen.

Das bedeutet ein verantwortlicher Umgang mit dem Lebensraum. Es geht um die Bewahrung all dessen, von dem es am Ende der Schöpfungsgeschichte heißt:

„Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.„ (1. Mose 2,31).


Inzwischen ist der Gronauer Hof an einen neuen Inhaber übergegangen

Informationen zum neuen Gronauer Hof finden Sie hier


Aus der Denkmal Liste Bad Vilbel – Gronau

Sachgesamtheit Gronauer Hofgut

Unmittelbar westlich der Mündung der Nidder in die Nidda gelegen; urkundlich 1332 erstmals erwähnt, im Zeitraum von 1427 bis 1638 war der Hof im Besitz des Klosters Ilbenstadt, 1691 bis 1806 in dem der Grafschaft Hanau; nach mehreren Besitzerwechseln im 19. Jahrhundert wurde er 1928 Staatsdomäne. 1931 soll das heutige Wohnhaus entstanden sein, das sich mit seinem hohen Walmdach der Gestalt seines Vorgängerbaus annäherte. Im Osten eines länglichen Hofes dominiert es durch sein Volumen dessen Erscheinungsbild. Das Bauensemble wird von niedrigeren Wirtschaftsgebäuden auf den übrigen Seiten des Hofes vervollständigt.

Quelle: https://lfd.hessen.de/

Sachgesamtheit Dottenfelder Hofgut

An der westlichen Gemarkungsgrenze liegt am linken Nidda-Ufer das Dottenfelder Hofgut. Es soll vom Zeitpunkt der Stiftung des Klosters Ilbenstadt 1123 bis zur Säkularisation 1803 im Besitz des Klosters gewesen sein, nach der Aufhebung der geistlichen Besitztümer folgten häufige Eigentümerwechsel. Die erhaltene Baulichkeiten sind auf vier Seiten um einen gestreckten Hof angeordnet. Dominierend auf der östlichen Schmalseite des Hofes das zweigeschossige, massive ehemalige Herrenhaus mit Krüppelwalmdach. Auf seiner Hofseite ist neben einem Ilbenstädter Abtswappen die inschriftliche Datierung 1707 zu sehen. Von den Wirtschaftsgebäuden auf den übrigen Seiten des Hofes sind die im Süden zu Wohnzwecken umgenutzt. Wichtiger Bestandteil des denkmalgeschützten Anwesens ist ein nördlich des ehemaligen Herrenhauses gelegener Garten, der von einer Bruchsteinmauer eingefriedet ist.

Quelle: https://www.denkmalpflege-hessen.de/


Meldung des Vilbeler Anzeiger vom 16.10.2008

Wie sieht die Zukunft des Gronauer Hofes aus?

Bad Vilbel. Friedlich grasen Pferde an den Nidda-Wiesen, im Innenhof lagern Strohballen. Das herbstliche Idyll des Gronauer Hofes ist jedoch trügerisch. Denn um das Land der ehemaligen Staatsdomäne herum sind etliche Grundstücksgeschäfte im Gang. Während ganz im Stillen zusätzliches Land für den Naturschutz erworben wird, beklagt die Vilbeler SPD, die Öffentlichkeit werde nicht informiert. Die Öko-Bauern des Dottenfelderhofes zeigen sich enttäuscht, dass die Stadt ihre dringenden Wünsche auf zusätzliches Land ignoriere. Kürzlich grassierten gar Gerüchte, auf dem Areal sei eine Jugendherberge geplant.

Nach fünfjährigen Verhandlungen hatte die Stadt Bad Vilbel im vergangenen November für 3,6 Millionen Euro 50 Hektar der Domäne vom Land erworben. Weitere 43 Hektar gingen für 1,1 Millionen Euro an die Gerty-Strohm-Stiftung des Bad Vilbeler Notars Hansgeorg Jehner. Die Grundstücke innerhalb des Landschaftsschutzgebietes „Auenverbund Wetterau“ sollen für eine Umgestaltung der Uferbereiche der Nidda, die Anlage von Flutrinnen in der Aue und die Rückverlagerung der Dämme verwendet werden. Die Auen sollen auf einer Breite von 50 bis 300 Meter als Überflutungsfläche zum Hochwasserschutz genutzt werden.

Doch die Pläne stocken, denn Jehner sei gerade dabei, das Areal „weit über die Höhe des Dortelweiler Golfplatzes hinaus Richtung Norden auf die Karbener Gemarkung hin zu erweitern“, teilt der Bad Vilbeler FDP-Landtagsabgeordnete Jörg-Uwe Hahn auf Anfrage mit. Derzeit würden Grundstücke hinzugekauft. Das trifft sich mit den Plänen der Hessischen Landgesellschaft (HLG), die die Domäne verkauft hat. Die Ausweitung gebe „einen großen Schwung für die Nidda-Renaturierung“, so HLG-Geschäftsführer Harald Müller. Mit den renaturierten Flächen von „mindestens 30 Hektar“, so Müller, könne die HLG-Fachabteilung Öko-Agentur für Hessen auch Öko-Punkte als Ausgleich für Straßenbaumaßnahmen des Landes sammeln. „Die Planungen laufen“, versichert Müller. Man wolle den Umbau „ganz schnell angehen“, wenn im Juni 2009 der Vertrag des bisherigen Pächters, Ferdinand Schwarz, auslaufe. Die HLG hat ihm „schon vor einem Jahr“ ein neues Domizil verschafft, den „Nonnenhof“ in Ilbenstadt.

Weiter unklar ist jedoch die künftige Nutzung des von der Stadt erworbenen Areals. Im Rathaus war dazu keine Stellungnahme zu erhalten. Josef Maetz, Vorsitzender der CDU-Mehrheitsfraktion im Stadtparlament, betonte, man habe noch keine eigenen Pläne, „die Stiftung geht voran“. Der städtische Anteil werde für die Renaturierung nicht benötigt und solle langfristig an die Landwirte weiterverpachtet werden – „auch der Dottenfelderhof kann sich bewerben“. An eine teilweise Bebauung des Areals sei frühestens in 15 Jahren gedacht. Damit reagiert die Stadt auf eine Wertabschöpfungsklausel im Vertrag der Landesregierung, wonach bei einem früheren Verkauf Nachzahlungen fällig sind. Gedacht sei lediglich daran, auf Gronauer Seite das jetzige Wohngebiet am Glossop-Ring in Richtung Nidda zu erweitern, berichtet Maetz. Das Gutsgebäude könne eventuell als Reiterhof genutzt werden.

Unzufrieden mit der bisherigen Entwicklung ist Martin von Mackensen, einer der Geschäftsführer des Dottenfelderhofes. Er ist enttäuscht darüber, dass es von der Stadt trotz Anfragen „schon vor längerer Zeit keinerlei Rückmeldung“ gebe. Dabei sei der Dottenfelderhof zur Sicherung der derzeit 126 Arbeitsplätze dringend auf zusätzliches Land angewiesen. Vor allem für die Getreidezüchtung würden Flächen benötigt, aber auch für das Futter der Milchviehhaltung, betont von Mackensen. Es gehe nicht darum, den Betrieb auszuweiten, sondern um Arrondierung.

Mangelnde Transparenz der Vorgänge beklagt auch der Vilbeler SPD-Parteivorsitzende Udo Landgrebe: „Wir fischen da im Trüben“. Man begrüße das Renaturierungs-Projekt, doch sei bedauerlich, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen werde. Deswegen überlege er, eine Anfrage im Stadtparlament zu stellen, kündigt Landgrebe an.

Von Dieter Deul